Eigentlich bin ich kein
Skandinavien-Fan. Als Kind habe ich Freunde immer bedauert, die im
Urlaub nach Bornholm mussten und nicht wussten, ob da nicht zwei
Wochen Regen auf sie warten.
Vor drei Jahren dann habe ich mich
entschlossen, meine Freundin Michaela zu besuchen und zwei Wochen in
ihrem Haus in Lappland zu verbringen. Im Sommer. Eins gleich vorab:
Das Wetter war wirklich überdurchschnittlich, sogar baden konnte
man. (Mehr über Michaelas ”Möcki“ auf http://mahtavafoodunddesign.blogspot.de)
Vegetationsmäßig ist dort allerdings
für eine Gärtnerin und Pflanzenfreundin wie mich wenig geboten. Es
gibt drei Sorten Bäume – Birken und Fichten, letztere in klein und
etwas größer – sowie drei Sorten Blumen, alle so unscheinbar,
dass ich mich nicht weiter an sie erinnere. Eine hatte immerhin
magentafarbene Blüten.
Was es aber in Hülle und Fülle gibt,
sind Mücken und Pilze. Die Mücken stürzen sich in Myriaden auf die
paar Menschen, die es da oben gibt. An einem Tag wollten wir zum
Angeln und sind auf dem Weg zum Fluss durch eine Wiese gestapft. Aus
dem kniehohen Gras erhoben sich dichte Schwaden frisch geschlüpfter,
blutdurstiger Sauger, denen es egal war, dass wir uns direkt vorher
großzügig mit dem stärksten auf dem Markt erhältlichen
Anti-Mücken-Spray besprüht hatten.
Gefangen haben wir nichts. Am Köder
kann's nicht gelegen haben, wir hatten fette Regenwürmer aus dem
Kartoffelacker einer finnischen Bekannten auf die Haken gespießt.
Kartoffeln sind eine der wenigen Gemüsesorten, die dort oben wachsen
und mit den paar Vegetationswochen auskommt.
Auch Pilzen genügt das, sie wachsen
bekanntlich über Nacht. In guten Jahren kann man auf einem
zehnminütigen Spaziergang locker zwei Flechtkörbe mit Stein- und
Birkenpilzen füllen. Letztes Jahr war die Ernte so gut, dass manche
nur noch die Steinpilze mitgenommen haben. Sagt Michaela, die im
letzten Sommer dort war, aber keine Pilze mag. Im Gegensatz zu mir.
Nachdem ich beim Angeln gescheitert
war, aber wichtige Erfahrungen zum Thema Mücken gesammelt hatte,
ging ich auf Pilzjagd. Direkt vorm Haus beginnen die Fichtenwälder,
in denen es weder Handyempfang gibt noch Wege, die auch nur den Namen
Pfad verdienen. Der Boden ist überall sumpfig; wer hier verloren
geht, wird nie wieder gefunden.
Egal, ich habe nicht vor, mich außer
Sichtweite des Hauses zu begeben. Pilze wachsen, wohin ich auch
schaue, ich muss nur sehen, dass ich den Mücken nicht zum Opfer
falle. Ich schwitze, sobald ich das Haus verlasse, ausgerüstet mit
einem imkerähnlichen Gesichtsschleier, langärmliger Jacke und
Handschuhen. Außentemperatur 20 Grad, Luftfeuchtigkeit gefühlte 100
Prozent. Die Mücken freuen sich, mich zu sehen. Sofort bin ich
umhüllt von einer dichten Insektenwolke, die sinnlos gegen meinen
Imkerhut anstürmt.
Rasch fülle ich mein Körbchen, dessen
Inhalt ich abends zubereite. Essen muss ich aber allein, denn
Michaela mag nicht nur keine Pilze, sie muss auch in der Lage sein,
mich später ins Krankenhaus zu fahren, falls ein Giftpilz mit im
Korb war. Nun ja, nicht alles geht schief, was schiefgehen kann.
Für die Rallye in diesem Sommer hoff
ich nur, dass 2015 eins der Jahre ist, in denen es wenig Mücken
gibt. Das soll nämlich auch vorkommen, sagt Michaela. Dafür wär's
mir dann auch egal, ob's viele Pilze gibt.
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